Wochenbett: Erholungs- und Kennenlernzeit

 

wochenbett-nach-der-geburtWir haben unsere Tagebuchschreiberin Carla durch 41 spannende Wochen begleitet, nun hat sie ihre kleine Tochter Emma geboren.

Ihr letzter Tagebucheintrag sprach von der Freude, das winzige Wesen endlich in den Armen halten zu dürfen. Nun, im Wochenbett, hat Carla kaum noch Zeit, sich um ihre Aufzeichnungen zu kümmern. Carlas Leben krempelt sich von Grund auf um!

Wochen + Bett = Wochenbett!

Zuerst einmal zum Begriff: Das Wort Wochenbett setzt sich nicht umsonst aus den zwei Begriffen „Wochen“ und „Bett“ zusammen. Konkret bedeutet das, dass eine junge Mutter mehrere Wochen benötigt, sich von Schwangerschaft und Geburt zu erholen. Sie braucht Zeit und Ruhe sich in die neue Rolle als liebevolle Mama einzufinden. Dafür sollte sie die vollen acht Wochen Mutterschutz reichlich nutzen – und tatsächlich so oft wie möglich liegend ausruhen.

Zeit der Heilung und Erholung

Geburtsverletzungen wie der Dammschnitt oder -riss, Hämatome im Intimbereich oder sogar ein Scheidenriss, eventuelle Kaiserschnittwunden oder eine Überbelastung des Beckenbodens: Das sind die „Blessuren“, die viele Frauen bei einer Geburt davontragen. Diese Verletzungen brauchen Zeit, um zu heilen. Hinzu kommen der zusätzliche Blutverlust durch den Wochenfluss, die Hormonumstellung und die Erschöpfung nach einer anstrengenden Schwangerschaft und Geburt.

Hebamme für die Nachsorge

Im Normalfall fragt das Klinikpersonal die junge Mutter vor der Entlassung, ob sich eine Nachsorgehebamme daheim um sie und das Kind kümmert. Falls dies nicht der Fall ist, sind die meisten Geburtsstationen gern dabei behilflich, auch noch kurzfristig eine Hebamme zu organisieren. Vor allem Mütter, die ihr erstes Baby im Arm halten, sollten sich auf dieses von der gesetzlichen Krankenkasse komplett bezahlte Angebot einlassen: Die persönliche Begleitung im Wochenbett ist Gold wert!

Kennenlernzeit

Die Nachsorgehebamme steht den neuen Eltern in allen nachgeburtlichen Fragen zur Verfügung. Auch lernt sie unerfahrene Mamas und Papas in der Babypflege an. Viele Hebammen sind telefonisch beinah rund um die Uhr erreichbar, falls es zu unerwarteten Problemen kommt. Die fachkundige Begleiterin für die Wochenbettzeit prüft regelmäßig die Gesundheit der Mutter. Sie hilft beim Stillen, beobachtet den Wochenfluss und kann sogar die Fäden am genähten Damm ziehen. Auch nach den offiziellen acht Wochen bleibt sie bei Problemen ansprechbar.

Gefühle auf der Achterbahn

Tränen sind im Wochenbett völlig normal: Die eine Frau weint, weil sie ihre Freude kaum fassen kann. Die nächste junge Mutter hat hingegen große Angst, die vielen neuen Aufgaben nicht bewältigen zu können – und sie sieht ihr „normales“ Leben unrettbar verloren. Beide Gefühlszustände können sich durchaus abwechseln, Glück und Unglück liegen im Hormonrausch sehr nah beieinander.

Heultage im Wochenbett: Baby Blues oder Depression?

Wenn also in den ersten paar Tagen nach der Geburt immer wieder mal Tränen fließen, besteht kein Anlass zu Sorge. Die Nachsorgehebamme kann der jungen Mutter durch intensive Gespräche viele Ängste nehmen. Aber auch ein unterstützender Partner oder eine liebevolle Freundin haben positiven Einfluss. Hören die Heultage aber nach etwa einer Woche nicht allmählich wieder auf und kommen womöglich noch Aggressionen oder Vernachlässigungstendenzen gegenüber dem Baby hinzu, braucht die Mutter dringend professionelle Hilfe: Es besteht dringender Verdacht auf eine Wochenbettdepression!

Die postpartale Depression oder: Wochenbettdepression

Etwa 20 Prozent aller jungen Mütter verfallen innerhalb der ersten 2 Lebensjahre ihres Kindes in eine Depression. Das Traurigste an diesem Zustand ist: Die meisten Erkrankten geben sich selbst die Schuld, weil sie meinen, keine gute Mama für ihr Baby zu sein. Die Wochenbettdepression als eine Krankheit zu erkennen, für die niemand etwas kann, und die es zu therapieren gilt, ist der erste Schritt zur Heilung. Nicht nur die hormonellen Veränderungen können in die Depression führen, sondern auch traumatische Erfahrungen während der Geburt, eine mangelnde Unterstützung oder einfach nur die erbliche Veranlagung. Erkrankte sollten sich schnellstmöglich an einen Arzt wenden!

Babys machen Augenringe …

Eine Familie ist wie ein Mobile: Hängt man ein neues Teil daran, gerät alles erstmal ins Schwanken. Die romantischen Bilder von entspannt aussehenden jungen Müttern, die mit Baby auf dem Bauch gemütlich auf dem Sofa liegen und schlummern, haben zumeist wenig gemeinsam mit der tatsächlichen Wochenbettzeit. Eigentlich müsste man der „Mutter“ mit Hilfe eines Bildbearbeitungsprogrammes zumindest Augenringe retuschieren, um die Wirklichkeit wiederzugeben.

Leben mit dem Schlafentzug

Babys interessieren sich nicht für den Schlafrhythmus der Eltern, sie leben nach einer eigenen inneren Uhr. Und sie wollen vor allem ständig gefüttert oder auf den Arm genommen werden. Mamas Erschöpfung und Papas Mitternickerchen spielen auf Babys Tagesplan überhaupt keine Rolle. Viele junge Eltern schaffen in den ersten paar Wochen mit ihrem Neugeborenen gerade einmal die notwendigsten Haushaltsarbeiten. Wem sich freiwillige Hilfe von außen anbietet, der sollte schnell zugreifen!

Junge Eltern sollten ihr Willkommensfest für das Baby möglichst nicht in den Anfang der Wochenbettzeit legen, sondern sich ein Weilchen gedulden, bis das Mobile „Familie“ wieder einigermaßen eingependelt ist.

Praktische Tipps für das Wochenbett:

  • Achten Sie ganz besonders auf Ihre Körperhygiene: Wechseln Sie die Wochenbettvorlagen häufig und regelmäßig, damit sich keine Keime einnisten können. Benutzen Sie keinesfalls Tampons!
  • Während der Zeit des Wochenflusses sollten Sie weder baden noch schwimmen gehen. Reinigen Sie Ihren Körper ausschließlich unter der Dusche. Wenn Sie Ihr Baby stillen, dann schäumen Sie Ihre Brüste möglichst nicht mit Duschgel ein, um den natürlichen Geruch zu erhalten.
  • Bei anhaltenden Bauch- und Rückenschmerzen liegt eventuell ein Wochenflussstau vor. Wenden Sie sich unverzüglich an ihren Arzt oder Ihre Hebamme, um das eine lebensgefährliche Gebärmutterentzündung (Kindbettfieber) zu vermeiden!
  • Sitzbäder, Massagen und das Liegen auf dem Bauch helfen bei der Gebärmutterrückbildung und halten den Wochenfluss in Gang. Ein spezielles Kamillen-Sitzbad beschleunigt die Heilung von Geburtsverletzungen
  • Kühlen Sie Ihre Geburtsverletzungen in den ersten Tagen gut. Legen Sie dafür ein mit Wasser gefülltes Kondom oder einen Fingerling in den Gefrierschrank, stecken Sie das gefrorene oder eiskalte Produkt in einen sauberen Waschlappen und legen Sie es auf die schmerzenden Stellen.
  • Vermeiden Sie im Wochenbett auf jeden Fall schweres Heben, um dem stark belasteten Beckenboden Zeit zur Erholung zu geben. Im Notfall, wenn Sie zum Beispiel ein größeres Geschwisterkind hochheben müssen, sollten Sie den Beckenboden anspannen und den Bauch einziehen.
  • Lassen Sie sich von Ihrer Nachsorgehebamme einfache Rückbildungsübungen für die Wochenbettzeit zeigen. Melden Sie sich schon jetzt zu einem Rückbildungsgymnastikkurs nach dem Ende der Wochenbettzeit an: Zehn Stunden zahlt die gesetzliche Krankenkasse im Normalfall.
  • Hitzewallungen und Haarausfall sind nach der Geburt ganz normal, beides geht von selbst wieder zurück. Machen Sie sich keine Sorgen, Sie werden gewiss keine Glatze bekommen – und auch die Wechseljahre lassen für gewöhnlich noch länger auf sich warten!
  • Auch das Stillen hinterlässt seine Spuren: Bei wunden Brustwarzen helfen ausgekochte schwarze Teebeutel. Legen Sie diese im noch warmen Zustand auf die Brustwarzen. Viele Hebammen empfehlen außerdem Lanolin (reines Wollfett) zur Behandlung wunder Stellen.
  • Für einen guten Milchfluss sorgt ein spezieller Stilltee, der normalerweise aus Anis, Fenchel und Kümmel besteht. Trinken Sie jetzt keinen Pfefferminztee, dieser hilft später beim Abstillen!

Nach der Geburt: Eine neue Familie wächst zusammen

Natürlich ist die Wochenbettbetreuung durch die Hebamme wichtig. Die Frauen sind die „Königin im Wochenbett“! Es muss jemand da sein, um sie zu umsorgen. Die frischgebackenen Familien brauchen viel Ruhe und Zeit zum Kennenlernen. Der Besuch muss gut dosiert werden!

B.Möllinger, Hebamme

Aus einem Paar wird eine Familie

familie-nach-der-geburtMit dem ersten Kind wird aus einem Paar eine echte Familie. Nicht nur ein Baby wurde geboren, sondern auch eine Mama und ein Papa! Die ersten paar Wochen mit dem Neugeborenen mögen noch so anstrengend sein, sie bleiben rückblickend für die meisten Eltern die wunderbarsten Tage mit ihrem Kind.

In der ersten Zeit nach der Geburt bilden sich die Grundlagen für die neue Familie, man gewöhnt sich langsam aneinander. Eltern und Kind wachsen zusammen. Lassen Sie sich in dieser wertvollen Phase möglichst wenig ablenken, kümmern Sie sich umeinander und malen Sie sich Ihre gemeinsame Zukunft aus. Streichen Sie dafür möglichst viele andere Termine aus Ihrem Kalender: Jetzt ist Familienzeit!

Weiterführende Informationen zum Thema Wochenbett:

https://www.schwanger-in-bayern.de/schwanger/geburt/wochenbett/index.php

Stimmungstief im Wochenbett

https://schatten-und-licht.de/verein/

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